Betreff: Scharfe Kurven, heißer Gummi - ein pornographischer... Datum: Wed, 11 Jul 2001 11:19:16 +0200 Von: Achim Lerch Foren: de.rec.motorrad ...Kurzroman in sex Akten: 1. DAS VORSPIEL Donnerstag, 8.20: Das Mopped ist gepackt, ein paar Km Autobahn werden abgespult und dann stehen 500 Km Mittelgebirge auf dem Programm: Vogelsberg, Odenwald, Schwarzwald...schööön, ich werde so langsam richtig scharf auf mehr... 2. DER AUFTAKT Freitag, 10.00: Nach ausgiebigem Frühstück und Reifen warm fahren im Wehretal geht´s über Bad Säckingen in die Schweiz. Nachdem die langweiligen Strecken und Ortsdurchfahrten in Olten, Aarburg und schließlich Thun geschafft sind, kommt Richtung Gstaad und Col de Pillon schon mal Freude auf. Tempo und Lust werden langsam aber sicher gesteigert....doch langsam, erstmal ein genüßliches Raclette auf dem Campingplatz in Martigny einschieben. Während um uns herum der Sturm tobt, Campingstühle über den Platz wehen, Fiberglaszeltstangen brechen und Alustangen verbiegen...Auch die anderen trudeln nach und nach ein, und der Abend endet beim Begrüßungsbier... 3. ALLES FEUCHT! Samstag, 6.00: Unerbittlich meldet sich die Blase, ich muß raus aus dem Schlafsack, ob ich will oder nicht. Draußen brauen sich dunkle Wolken zusammen, und bei der Abfahrt gießt es wie aus Eimern. Da versagt die ein oder andere Klimamembran, und es wird feucht im Schritt. Aber nicht nur dort, die Füße sind das einzig trockene (_die_ Stiefel sind wirklich gut!). Im patschnassen Blindflug geht es über Col de Forclaz und Montets nach Chamonix, weiter nach Megeve. Trockenpause unter dem Dach des Supermarktparkplatzes. Die ersten fangen das Meckern an, überlegen umzudrehen oder sich gleich eine Hütte zu mieten. Die geplante Route wird geändert, wir fahren den direkten Weg über den Gallibier nach Briancon, weil da das Wetter _immer_ besser ist. Nur schade, dass am Gallibier heute ein Mega-Fahrradevent stattfindet. Ca. 5000 Radler quälen sich den Paß hoch. Das bei den etlichen knappen Überholmanövern nix passiert ist, grenzt an ein Wunder... In Briancon _ist_ das Wetter besser, und bei einem Cafe au Lait wird das weitere Vorgehen besprochen. Sechs von acht wollen auf den Campingplatz, ihre Sachen trocknen, nur Reinhold will unbedingt auf den Sommeiller zur Stella, ich selbst schwanke noch, aber es ist zu spät für einen Koitus interruptus: Wir fahren weiter! Über den Col l´Echelle geht es hinüber nach Bardonecchia, dort ist bestes Wetter und die Piste zum Colle ist trocken. Problemlos erreichen wir die Alm am Rifugio Scarfioti, bauen die Zelte auf und legen die Klamotten zum Trocknen in die Spätnachmittagssonne. Dann wird es Zeit, etwas Fleisch auf den Grill zu werfen und der Abend klingt schließlich bei einem fruchtigen Roten im Rifugio aus... 4. DER HÖHEPUNKT! Sonntag, 7.30: Es ist saukalt hier auf über 2000 m, und ich würde gerne noch im warmen Schlafsack bleiben, doch die Blase...wir kennen das ja schon. Bibbernd sitze ich auf dem Koffer und wärme die Finger an der Kafeetasse, als um 8.20 die Sonne über die Felsnase oberhalb des Rifugios kommt und in kürzester Zeit für wohlige Wärme sorgt. Nun geht es richtig los: Zuerst runter nach Bardonecchia, noch einen Cappuccino am Bahnhof einwerfen, dann Richtung Salbertrand und rauf zum Mont Jafferau. Leider kommen wir nicht ganz hoch: Ein Schneefeld blockiert wie schon 1995 die Weiterfahrt. Damals sind wir zwar darüber (siehe http://www.wirtschaft.uni-kassel.de/nutzinger/mitarbeiter/achim/alp05.jpg ) doch gibt es diemal noch nicht einmal Spuren. Wir kehren um und fahren zum Lago Nero. Man kann von dort noch weiter hoch fahren bis auf den Höhenkamm, doch ist die Strecke zum Lago dei setti Colori gesperrt. Über eine Schleife fahren wir zurück zum Lago Nero und hinunter nach Bousson. Das Val Agientierra ist dan eine Enttäuschung: Eine breite, langweilige und stark von Autos frequentierte Schotterautobahn, wir kehren nach wenigen Kilometern um und fahren nach Sestriere und hoch auf die Assietta (Col Basset). Über Sauze d´Oulx geht es wieder nach Bardonecchia, wo wir für´s Abendessen einkaufen und natürlich noch einen Cappuccino nehmen... Nachdem der Einkauf (bis auf das obligatorische Gipfelbier) bei den Zelten abgeladen ist, geht es hinauf Richtung Colle. Schon kurz nach der Schranke am Wasserfall gibt es einige knifflige Schlüsselstellen: Abrutschungen, ein kleines Schneefeld und ein paar Meter über grobes Geröll mitten durch´s Bachbett. Im Hochtal springen die Murmeltiere Scharenweise neben der Piste her, und nach einer weiteren Umfahrung eines Schneefeldes ist zu Beginn der letzten Serpentinengruppe vor dem Gipfel Schluß für uns. Nur ganz wenige Spuren führen an dem riesigen Schneefeld vorbei steil den Berg hoch, aber das ist wohl wirklich für leichtere Enduros vorbehalten... Also finden Höhepunkt und Gipfelbier etwas unterhalb der 3000 m-Marke statt, was der Freude aber keinen Abbruch tut. Zurück am Rifugio wird wieder der Grill angeheizt und am Lagerfeuer sitzend blicken wir noch lange in die funkelnden Sterne... 5. DAS NACHSPIEL Montag, 7.00: Diesmal weckt mich nicht meine Blase, sondern Reinhold, der heute noch bis Kassel muß. Der Weg führt uns über Susa zum Col de Mont Cenis, an der alten Grenzstation biegen wir allerdings links ab und umfahren den Stausee südlich auf der Schotterpiste. Es folgen Col de l´Iseran, Cormet de Roselend, Megeve, St. Gervais, Chamonix, Col de Montets, Col de la Forclaz, Martigny, Col de Mosses, Thun, Aarburg, Olten, Reinfelden. Hier ist endgültig Abschied angesagt, Reinhold klemmt sich auf die Autobahn, ich nehme noch ein paar Schwarzwaldkilometer unter die Räder bis zu meinem Quartier in Bernau. 6. DIE ZIGARETTE DANACH ...muß entfallen, da ich Nichtraucher bin. Also fahre ich stattdessen am Dienstag noch genüßlich durch den Schwarzwald bis Rastatt, schiebe ein paar Autobahnkilometer ein um schließlich über die B3 wieder heimatliche Gefilde zu erreichen - erschöpft, aber befriedigt. STATISTIK Für alle Oswald Kolle-Fans hier noch die Statistik eines Aktes: - 2.640 Kilometer - 14 Alpenpässe (z.T. in beiden Richtungen befahren) - diverse mm Gummi - mehrere Liter Benzin, Bier, Rotwein und Schweiß - 1/4 Liter Öl - ungezählte Kurven, Kehren, Kurven,..... Und ganz zum Schluß noch ein Lob an meine Partnerin: Die GS hat - wieder einmal - problemlos funktioniert. Ob flotte Autobahnetappen, Joghurtbecher verblasen auf Asphaltpässen oder Klettern über grobes Geröll. Ich habe _meine_ perfekte Reiseenduro längst gefunden... Gruß, Achim