From: Achim Lerch Newsgroups: de.rec.motorrad Subject: Damischer Depp, Teil II Date: Mon, 07 Jul 2008 16:14:03 +0200 ...seid Ihr noch da? Gut. Wir waren gerade am Hahntennjoch, welches wir nach der großen Apfelschorle gemütlich hinunterschwingen. In Oetz wird getankt, was bei 1,34 Teuro beinah Spaß macht. Ich bin immerhin schlau genug, mir noch eine Flasche Apfelschorle zu kaufen, als Ersatz für den gemütlich am Zelt baumelnden Trinkrucksack (Depp, damischer). Da man im Oetztal selbst nach meiner erfahrung ebenfalls mit erhöhter Laserdichte rechnen muss (ich vermute ja, dass Oetzi an einer Überdosis Laserstrahlen verendet ist - so sieht diese ledrige Haut doch schließlich aus. Aber das kann Helmut sicher besser beurteilen...), weil man also mit dem Beschuss aus Laserpistolen auch hier rechnen muss, fahre ich gemütlich bis zur Mautstation der Timmelsjochstraße, wo ich mich brav ganz hinten an der einzigen Schlange anstelle. Als ich fast an der Reihe bin, machen sie die zweite Spur auf. Es ist wie im Supermarkt, egal. Nicht egal ist, dass jetzt der eher peinliche Teil kommt. Deswegen sollte ich ihn eigentlich verschweigen. Es ist nämlich so, dass ich eine wunderschöne Alpen-Übersichtskarte besitze, "Alpen Extrem", aus unkaputtbarem Material. Kann man waschen und bügeln, als Tischdecke benutzen oder was weiß ich. Dabei schönes Kartenbild und trotz des großen Maßstabs brauchbar. Also das bedeutet, man bräuchte sie, um drauf zu schauen und sich zu orientieren, und dafür wäre sie dann gut zu gebrauchen. Wenn sie sich im Tankrucksack befände, und nicht auf dem Schreibtisch im gut 600 km Luftlinie entferten Kassel. Depp, damischer. Nun kenne ich mich aber eigentlich ein bissl aus in den Alpen. Und deshalb hätte ich wissen müssen, dass ich entweder über den Jaufenpass zum Brenner hätte fahren können (um mir den Bogen über Meran und Bozen zu ersparen), oder aber, wenn ich denn schon das schöne, mediterrane (sprich: höllenheiße) Meran "mitnehmen" möchte, von Bozen aus mit dem Penser Joch noch einen schönen Pass hätte fahren können. Nun gut, die Abzweigung zum Jaufen in St. Leonhard habe ich komplett verschlafen, den Abzweig in Bozen zum Penser Joch schlicht verfehlt, fand ich mich doch plötzlich auf der Autostrada wieder. Depp, damischer. Die verlasse ich sofort bei Bozen Nord wieder, um mich auf die alte Brennerstraße zu begeben. Das heißt, ich würde sie gerne verlassen, aber in der Spur der Mautstelle, die extra durch ein auf den Boden gemaltes Motorrad gekennzeichnet ist, nimmt man nur Kreditkarten, keine EC-Karte. Da stehe ich also nun, das Ticket im Automaten, die Schranke zu, ohne Kreditkarte, ein Stau hinter mir - und das alles wegen 60 Cent. Es dauert, bis ein (nicht ganz so) freundlicher Herr das Kleingeld in bar kassiert (wobei er auch nicht gerade dadurch freundlicher wird, dass er wegen des Wechselgeldes zweimal laufen muss). Obwohl wir uns ja in Südtirol befinden, spricht er italienisch zu mir. Vermutlich sagte er etwas wie "Depp, damischer!" Nachdem die Autostrada mich also endlich wieder hergegeben hat, finde ich (im Gegensatz zu Meran) in Franzensfeste endlich ein schön und vor allem schattig gelegenes cafe und bekomme nun endlich, weswegen ich doch (auch) hier bin: einen wunderbaren Cappuccino. Genau so, wie er sein muss: Kräftig, mit perfekter Milchschaumhaube, etwa Kakaopulver obendrauf. Jaaa, so muss Cappuccino schmecken! Weiter geht es, hinauf auf den Brenner, wieder hinab nach Innsbruck. Dort sind sie schlau, die Österreicher. Sie schildern Garmisch aus, bis irgendwann ein Schild kommt, wonach die Straße gesperrt sei, was durch massive Betonbarrieren kurz nach dem Schild nachdrücklich untermauert wird. Eine Umleitung schildern sie hingegen nicht aus, nur die Autobahn nach Garmisch. Da fahren dann auch fast alle der gemeinsam mit mir wendenden Opfer von Innsbrucks Verkehrsplanern rauf. Ich wette, kurz nach der Auffahrt kontrollieren sie Vignetten und kassieren. Felix Austria! Aber nicht mit mir! Zwar ohne Karte, aber mit einem Sinn für die ungefähre Himmelsrichtung, in der Garmisch liegen müsste, finde ich den Weg. Hah, bin doch kein Depp, kein damischer! Kurz hinter dem Zirler Berg, auf der Abfahrt Richtung Scharnitz, zweigt rechts ein steiler Feldweg ab, der hinauf führt zu den Bahnschienen. (Man erkennt das lustige Wartehäuschen auf den Fotos). Das wäre doch ein netter Platz, um die mitgeführte Apfelschorle zu verzehren. Hätte man in Physik aufgepasst, dann hätte man wissen können, wie eine kohlensäurehaltige Flüssigkeit reagiert, welche man in einem geschlossenen Behältnis zunächst über das Timmelsjoch, dann durch das heiße Meran, den Brenner und schließlich durch das nachmittägliche Innsbruck im Tankrucksack eines Kraftrades transportiert hat, sobald man jenes geschlossene Behältnis öffnet. Ich habe wohl in Physik nicht aufgepasst und bade deshalb in Apfelschorle. Depp, damischer. (Auch hier wieder sei dem Leser eine Pause gegönnt. Wenn Ihr was trinkt: nicht schütteln! To be continued...) -- Achim Lerch Motorrad- und Reiseseiten www.kradventure.de